Digitale Medienkompetenz für Familien, Kinder und Jugendliche

 Stellungnahme zum SPD-Antrag im Landtag NRW

Autor*innen: GMK e.V., Projektteam #DigitalCheckNRW

STELLUNGNAHME ZUM ANTRAG DER FRAKTION DER SPD IM LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN, DRS. 18/10501
„Digital gesund – Medien sollen schlau und nicht krank machen! – Die Landesregierung muss Maßnahmen zur Stärkung von Medienkompetenz für Familien, Kinder und Jugendliche stärken!“

Antrag der SPD als [PDF]

Zusammenfassung der Stellungnahme (November 2024):

Die Gesellschaft für Medienpädagogik und Kommunikationskultur e. V. (GMK) bezogt Stellung zu einigen Forderungen aus dem Antrag und ergänzte diese durch die Ergebnisse einer qualitativen Befragung zu den aktuellen Herausforderungen in der Medienpädagogik, die die GMK unter ihren mehr als 1.000 Mitgliedern im Frühjahr 2024 durchgeführt hat. Im Zentrum standen Themen und Herausforderungen der Mediennutzung Heranwachsender und die medienpädagogische Arbeit entlang der gesamten Bildungskette.

  • Die Landesregierung soll die Chancen digitaler Medien fördern und Risiken für Kinder und Jugendliche minimieren. Dazu gehört die Stärkung von Medienkompetenz, Medienbildung und digitaler Teilhabe, um einen mündigen Umgang mit digitalen Inhalten zu ermöglichen. Eine kritische Auseinandersetzung mit Medien sowie die Berücksichtigung des Kinderrechtedreiklangs Befähigung, Schutz und Teilhabe sind wesentliche Bestandteile der Diskurse auf politischer und gesellschaftlicher Ebene. Wichtig ist hier, die Rechte gleichwertig zu behandeln und nicht etwa den Schutz aufgrund einer einseitig risikoorientierten Perspektive übermäßig herauszustellen.
    Viele Institutionen bündeln bereits Informationen zu medienpädagogischen Projekten. Statt eines Monitorings bestehender Angebote, wie es im o.g. Antrag gefordert wird, wäre es sinnvoller, die bestehenden Projekte zu stärken indem diese mehr öffentliche Aufmerksamkeit und nachhaltige Förderungen bekommen. Um Fachkräfte gezielt auszubilden und dauerhaft in Bildungseinrichtungen zu verankern, ist es sinnvoll, den Bedarf an qualifiziertem Personal in der Medienpädagogik zu untersuchen.
  • Eine unabhängige Landesstelle für Mediensuchtprävention würden wir begrüßen, da viele Jugendliche aufgrund von fehlenden Möglichkeiten zur Erweiterung ihrer Medienkompetenz sowie teils daraus resultierendem Stress und Überforderung Schwierigkeiten haben, ihren Medienkonsum zu regulieren. Die Förderung kompetenter Mediennutzung erfordert jedoch eine ganzheitliche Betrachtung der Nutzungsmuster und Inhalte, die nicht auf die reine Nutzungsdauer beschränkt sein darf und eine Begleitung der inhaltlichen Mediennutzung zwingend einbezieht. Diese erfolgt im besten Fall durch medienpädagogisch geschulte Fachkräfte, aber auch durch Personen im nahen Umfeld des Kindes, insbesondere die Eltern und Erziehungsberechtigten.
  • Die Stärkung der Medienkompetenz von Eltern ist entscheidend für die Förderung bei Kindern. Daher müssen sie durch Informationsangebote und Unterstützungsprogramme befähigt werden, ihre Kinder in der digital-vernetzten Welt zu begleiten. Diese Angebote müssen attraktiv, mehrsprachig und niedrigschwellig gestaltet werden, um auch strukturell benachteiligte Familien zu erreichen.
  • Neben der Stärkung von Eltern soll die Landesregierung auch Lehrpersonal für die Potenziale und Risiken übermäßigen Medienkonsums sensibilisieren. Einen vollständigen Ausschluss digitaler Medien aus Bildungseinrichtungen wie Kita oder Schule lehnen wir ab (siehe auch GMK-Positionspapier vom 11.12.2023). Stattdessen sollten Medien sinnvoll in Bildungsangebote integriert werden. Die GMK fordert eine Stärkung der Medienbildung, medienpädagogische Aus- und Weiterbildung für Fachkräfte, eine kritische Betrachtung kommerzieller Produkte und interdisziplinären Austausch zu Medienthemen, um eine zeitgemäße und effektive Bildung zu gewährleisten.
  • Sofern die Landesregierung Maßnahmen unternimmt, um zu evaluieren, wie Medienkompetenz an Schulen vermittelt wird, müssen vorab Fragen zur zielführenden Gestaltung der Evaluation und zum Forschungsdesign geklärt werden. Es besteht die Gefahr, dass solch eine Erhebung verzerrte Ergebnisse liefert, insbesondere, weil die erfolgreiche Vermittlung von Medienkompetenz schwer messbar ist und viele Faktoren berücksichtigen muss. Wir erachten die Förderung von Bildungspartnerschaften zwischen Schulen und außerschulischer Medienpädagogik hier als zielführender, um Defizite in der Medienkompetenzvermittlung zu adressieren.
  • Die Landesregierung soll ein umfassendes Weiterbildungsangebot für Lehrkräfte schaffen, um digitale Endgeräte, Medien und KI sinnvoll in den Unterricht zu integrieren. Lehrkräfte müssen grundlegende digitale und medienpädagogische Kompetenzen erwerben, unabhängig von spezifischen Geräten und Programmen. Die Schulungen sollten Lehrkräfte befähigen, eine kreative und kritische Mediennutzung sowie einen verantwortungsvollen Umgang mit sozialen Medien von Schüler*innen zu fördern. Zudem ist es wichtig, die Oligopolstellung großer Tech-Konzerne an Schulen zu hinterfragen und Open-Source-Entwicklungen stärker zu unterstützen, um eine unabhängige, ausgewogene Medienbildung zu gewährleisten.
  • Auch lebensältere Menschen müssen mitbedacht werden. Die Landesregierung soll Schulungsangebote für ältere Menschen über Bildungseinrichtungen wie die VHS stärken, da digitale Zugänge für essenzielle Dienstleistungen zunehmend erforderlich sind. Viele Senior*innen sind benachteiligt, da sie wenig Erfahrung mit digitalen Medien haben. Es ist wichtig, bestehende Angebote sichtbarer zu machen, die Finanzierung sicherzustellen und Zugänge zu erleichtern. Zudem sollten Maßnahmen gegen Einsamkeit gefördert und soziale Teilhabe sowie Kompetenzen rund um Informationsbeschaffung und IT-Sicherheit ausgebaut werden, um ältere Menschen vor Desinformation und Betrugsmaschen im digitalen Raum zu schützen.
  • Die Landesregierung wird aufgefordert, Maßnahmen zum Schutz von Kindern und Jugendlichen vor schädlichen Internetinhalten zu ergreifen. Technische Lösungen allein sind jedoch unzureichend, denn sie lösen keine sozialen Probleme. Entscheidend sind präventive Maßnahmen zur Förderung von Medienkompetenz. Eltern, Lehrkräfte und weitere pädagogische Fachkräfte müssen unterstützt werden, um Kinder im Dialog zu begleiten und so mit schädlichen Inhalten besser umgehen zu können, sowie der weiteren Verbreitung solcher Inhalte vorbeugen zu können.
  • Die Landesregierung wird im o. g. Antrag aufgefordert, gesetzliche Anforderungen für Technologien zur Überwachung von Kindern umzusetzen. Wir stimmen zu, dass es strengerer Regulierungen für Social Media und KI-Technologien bedarf, um ethische Standards sowie klare Richtlinien für den verantwortungsvollen Einsatz sicherzustellen. Allerdings können wir den Wunsch nach Kontrolle und Überwachung von Kindern und Jugendlichen nicht uneingeschränkt unterstützen, da technische Lösungen pädagogische Ansätze nicht ersetzen können. Zudem besteht die Gefahr des Missbrauchs und der unerlaubten Weitergabe der Daten. Eltern sollten medienpädagogisch befähigt werden, ihre Kinder altersgerecht zu begleiten, um selbstbestimmte Mediennutzung zu fördern.
  • Wir begrüßen öffentliche Kampagnen zur Aufklärung über Medienkompetenz, wie den Safer Internet Day. Diese sollten u. a. durch umfassende Werbemaßnahmen in Massenmedien bekannter gemacht werden.

Die vollständige Stellungnahme finden Sie [hier].

 

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