Workshop 01: Moral als Lifestyle? Medienethische Perspektiven auf Weltretter*innen im Netz

Workshop 01: Moral als Lifestyle? Medienethische Perspektiven auf Weltretter*innen im Netz

18. November 2022
16:15 - 18:00

Zentrum für Ethik der Medien und der digitalen Gesellschaft / Hochschule für Philosophie München

Beschreibung:

Von der Öko-Seife über vegane Kochrezepte bis hin zu Praxis-Tipps zur Lebensmittelrettung: Der Einsatz für das Gute in der Welt ist zum Trend-Thema geworden. Egal ob TikTok, Instagram oder YouTube: Influencer*innen lassen uns daran teilhaben, wie sie sich dafür einsetzen, „die Welt zu retten“. Doch wie ist eine derartige Selbstdarstellung aus medienethischer Sicht zu bewerten? Wie kommen entsprechende Botschaften bei den Follower*innen an? Und kann Moral als Lifestyle tatsächlich dazu beitragen, die Welt zu einem besseren Ort zu machen? Wie derartige medienethische Fragestellungen gemeinsam mit Jugendlichen erarbeitet, diskutiert und reflektiert werden können, wurde in diesem Workshop ergründet. Ethikdidaktische und medienpädagogische Methoden wurden hierbei miteinander in Dialog gebracht. Dabei wurde ergründet, inwiefern sich die unterschiedlichen methodisch-didaktischen Zugänge zum Phänomen „Influencer*innen“ und „Selfie“ gegenseitig bereichern können. Ziel des Workshops war es, gemeinsam Methoden zu entwickeln und zu erproben, die in der pädagogischen Zusammenarbeit mit Jugendlichen eingesetzt werden können. Im Fokus des Workshops stand dabei eine medienethische Perspektive. Schließlich verweist das Anliegen, „die Welt zu retten“, auf eine zutiefst normative Grundhaltung. Darüber, wie die Welt „gerettet“ oder auch nur „verbessert“ werden kann, lässt sich trefflich streiten. Die Ergründung der eigenen ethisch-moralischen Haltung zu den Problemen der Welt sowie der Inszenierung entsprechender Positionen bedarf grundlegender ethischer Reflexionsfähigkeit, der Diskurs über die (Selbst-)Darstellung des eigenen Engagements medienethischer Basis-Kompetenzen.

Durchführende:

  • Susanna Endres, Zentrum für Ethik der Medien und der digitalen Gesellschaft (zemdg), München
  • Prof. Dr. Claudia Paganini, Zentrum für Ethik der Medien und der digitalen Gesellschaft (zemdg), München
  • Kristina Steimer, Zentrum für Ethik der Medien und der digitalen Gesellschaft (zemdg), München

Eine Kurz-Vita zu allen Beteiligten finden Sie auf der Personen-Seite.

Weitere Informationen/Bericht:

Der aus einem Hauptseminar an der Hochschule für Philosophie München entstandene Workshop Moral als Lifestyle? Medienethische Perspektiven auf Weltretter*innen im Netz thematisierte Medienbildung im Kontext des sogenannten Greenfluencing bzw. Sinnfluencing. Der Fokus lag dabei insbesondere auch auf der Frage, wie Moral überhaupt erst ins Medium kommt (und andersrum) und in Bezug auf welche normativen (Vor-)Annahmen Werte, die Orientierung im Handeln geben sollen, Geltung erlangen (bis hin zu der Frage, inwiefern Moral selbst als ein als erstrebenswert erachteter Bezugspunkt strittig werden kann, vgl. Albert Camus‘ Der Fall: „… es wird immer zu spät sein … zum Glück.“). Es wurde ein konkreter Einblick in das normative Selbstverständnis gegeben, mit dem z.B. EcoTok (ein TikTok-Kanal, der von verschiedensten Greenfluencer*innen bespielt wird) Mediencontent generiert. Dabei zeigte sich, dass sich dieses dezidiert im Spannungsfeld zwischen „climate optimism“ und „climate anxiety“ verortet und dass Weltretten im Netz vor allem zum Ziel hat, einen Appell an die eigene Selbstwirksamkeit jedes*r Einzelnen zu geben, indem in Bildungs- und Inspirationsangeboten und -inhalten der Fokus auf eine Good-News-Berichterstattung und ein Storytelling gelegt wird, das dem weitverbreiteten Doomscrolling-Phänomen entgegenwirken soll.

In vier von den Studierenden selbst konzipierten und produzierten Kurzvideos wurden den Workshop-Teilnehmenden jeweils spezifische medienethische Diskussions- und Reflexionsanregungen dazu gegeben, die anschließend in vier Kleingruppen, angeleitet von den Studierenden und unterstützt von der Seminarleitung, vertieft und abschließend im gemeinsamen Plenum zusammengetragen wurden.

Zentrale Diskussionspunkte waren bspw.:

  • Was muss auf User*innenseite gegeben sein, um überhaupt „influenced“ werden zu können; braucht es z.B. schon Vorwissen über Umweltthemen?
  • Ist die Klimakrise auch eine Bildungskrise? Welche Rolle spielt die Identifikation mit der Person hinter dem Inhalt, dem*r Influencer*in? Offenbar spielt bei der Beurteilung von Greenfluencing-Content nicht nur die Reichweite, die ein Inhalt online hat, eine Rolle, sondern vor allem auch die Glaubwürdigkeit der Content-Creator, womit wiederum spezifische Kommunikationsstrategien verbunden sind (persönliche Ansprache, private Einblicke etc.).
  • Und schließlich: Was macht es mit der Beurteilung hinsichtlich der Moral von Weltretter*innen im Netz, wenn Content gegen Bezahlung produziert wird? Was zählt: die Intention oder das Resultat?

Kurzbericht als PDF

Bookings

Buchungen sind für diese Veranstaltung nicht mehr möglich.