Workshop 11: This is not a game

19. November 2021
11:00 - 12:30

Beschreibung

Wo verlaufen die Grenzen eines Spiels, wann werden Spiele für politische Zwecke missbraucht und wann wird ein Game zur Realität? Mit diesen Fragen beschäftigte sich der Workshop der Fachgruppe Netzpolitik, der in drei Kurzinputs und anschließender Diskussion die Rolle von Games und Spielformen in der politischen Medienbildung beleuchtete.

Prof. Franz Josef Röll zeigte am Beispiel des Golfkrieges (1991) auf, wie Krieg als Spiel inszeniert wird bzw. der Bevölkerung verkauft wird.

Arne Vogelgesang beleuchtete anhand des 2020 erschienenen rechtsextremen Computerspiels „Heimat Defender: Rebellion“ verschiedene Ebenen politischer Spiele. Er betrachtete, wie Games als Propaganda-Instrumente eingesetzt werden und wie das „Spiel um Aufmerksamkeit für ein Spiel“ zu politischen Zwecken missbraucht wird.

Die Waldritter setzen in der politischen Bildung verschiedene Spielformen (Alternate Reality Games und LARPs) ein. Mit diesen Spielseminaren erzeugen sie emotionale Lernsituationen, in denen die Grenzen zwischen Spiel und Realität verschwimmen.

Anhand dieser drei Impulse haben wir unter Einbeziehung der Teilnehmer*innen die Bedeutung von Spielen für die politische Kommunikation und die politische Medienbildung diskutiert.

Durchführende:

  • Prof. Dr. Franz Josef Röll, ermeritierter Professor Hochschule Darmstadt
  • Arne Vogelgesang, Darstellender Künstler
  • Daniel Steinbach, Waldritter e.V.
  • Björn Friedrich, SIN-Studio im Netz
  • Markus Gerstmann, ServiceBureau Jugendinformation

GMK-Fachgruppe Netzpolitik

Eine Kurz-Vita zu allen Beteiligten finden Sie auf der Personen-Seite.

Bericht

Der Workshop der Fachgruppe Netzpolitik hinterfragte, wo die Grenzen zwischen Spiel und Realität verlaufen und inwiefern politische Einflussnahme diese Grenzen verschieben kann.

Prof. Franz Josef Röll (Hochschule Darmstadt) zeigte einführend auf, wie Krieg als Spiel inszeniert und instrumentalisiert werden kann. Die Medien als „Vierte Gewalt” hatten z.B. im Vietnam-Krieg kaum Zugang zu Informationen, später wurden Kriege medial inszeniert und auf die heimischen Bildschirme übertragen. Im zweiten Golfkrieg (1990/91) wurden von allen Seiten Propagandalügen verbreitet, im dritten Golfkrieg (2003) kam es zum „embedded journalism”: Einige Journalisten waren integriert, kritische Stimmen wurden hingegen ausgeschlossen, es gab also wie in einem „Game” ein Regelwerk für die Kooperation zwischen Militär und Medien.

Arne Vogelgesang (Medienkünstler) stellte am Beispiel des sog. „Drachengames” heraus, wie ein Spiel zur Realität werden kann. Der YouTuber Rainer Winkler provoziert als sog. „Drachenlord” im Netz, seine Hater begannen ihr „Spiel” mit fiktionalisierten Angriffen, die in die Realität übergingen und in körperlicher Gewalt endeten. Es gibt nachgewiesene Verbindungen zwischen den Hatern und der Neonazi-Szene. Zudem beleuchtete Vogelgesang „Heimat Defender”, ein Retro-Game aus der identitären, neurechten Szene, das von der rechten NGO „EinProzent“ finanziert ist. Dieses Spiel verstoße bewusst gegen Regeln, um in der Medienberichterstattung aufzutauchen und im einkalkulierten „Spiel um die Aufmerksamkeit“ punkten zu können.

Sabine Scheler von Waldritter e.V. präsentierte abschließend ihren Ansatz für Alternate Reality Games und Live-Action-Roll-Playings (LARPs) im Kontext der politischen Bildung. Die Verknüpfungen von Spiel und Realität sind in diesen Spielansätzen nicht offensichtlich, so dass die Spielenden gezwungen werden, Entscheidungen zu treffen und eine Position zu beziehen. Mit diesem Ansatz möchten die Waldritter ein Spiel mit werturteils-freien Handlungen und experimentellen Räumen anregen.

Insgesamt wurde bei diesem Workshop deutlich, wie facettenreich das Spiel mit der Realität ist und wie verwoben oft Wahrheit und Lügen sind. Unsere Aufgabe in der (medien)pädagogischen Praxis ist es, unsere Teilnehmenden für eine kritische Wahrnehmung zu sensibilisieren.

Links aus dem Chat:

Bookings

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